Die CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Saskia Ludwig lud im April zur dritten Veranstaltung zur Aufarbeitung der Pandemie nach Werder/Havel ein. Diskutiert wurden vor über 60 Gästen die Auswirkungen auf Kirche und Gesellschaft.
„Wieviel Macht gebe ich der Angst vor dem Tod über das Leben?“ Dies ist die rhetorische Schlussfrage von Jesuitenpater und Gymnasiallehrer Klaus Mertes nach fast drei Stunden intensiver Diskussion. Auf dem Podium neben Pater Mertes sitzen der freie Journalist Bastian Barucker und der Potsdamer Historiker Rene Schlott. Tatsächlich steht das Thema Angst neben anderen Fragen im Mittelpunkt der Diskussion. War das Motiv für die damaligen Entscheider Angst, ein instrumentelles Verhältnis zur Angst oder ein wirtschaftliches Interesse? Eindeutig beantworten lässt sich die Frage nicht, aber Historiker Schlott hat dazu eine klare Einordnung. Zum ersten Mal stand Sicherheit vor Freiheit, was dem Geiste des Grundgesetzes widerspricht. Elementare und garantierte Freiheitsrechte wurden eingeschränkt bzw. außer Kraft gesetzt. Das Verhältnis zwischen Staat und Bürger wurde gedreht, der Souverän war de facto die Exekutive, nicht das Staatsvolk. Etwas, was bis heute nicht vollständig rückgängig gemacht wurde. Dies sei klar eine einzigartige Zäsur in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, unterstreicht Schlott.
„Es ist nicht gelungen, die Gedanken der Menschen zu kontrollieren”
Selbst wenn die Angst im Vordergrund gestanden hätte, dürften Politiker zum Selbstschutz die grundgesetzlich garantierten Freiheiten von über 80 Millionen Menschen nicht beschneiden. Von den Spitzen des Staates kann und muss ein entsprechendes Abstraktionsvermögen erwartet werden. Einig sind sich die Diskutanten darüber, dass das staatliche Schüren der Angst vor dem Virus nicht nur zu einer Verschiebung des Sagbaren und zu Misstrauen zwischen den Menschen bis hin zur Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben führte. Die scheibchenweise kontinuierliche Ausdehnung der Angstschwelle erzeugte zudem eine Konformität für Maßnahmen, wie Barucker feststellt. Infolgedessen gab es keine Institution, die die staatlich verordneten Maßnahmen nicht umsetzte, in Teilen sogar aus Angst vor Repressionen den Menschen noch mehr ab-verlangte als staatlich gefordert. Dies erschwert die Aufklärung heute, weil alle mitmachten und es keine neutrale Instanz mehr gibt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Voraussetzung eine erfolgreiche Aufklärung braucht. Die Antworten darauf: bedingungslose Bereitschaft von allen Beteiligten zur Selbstkritik sowie Hinterfragen der eigenen Verantwortung und Überzeugungen, überdies ist das Betrachten der nationalen und internationalen Zusammen-hänge nicht unwesentlich.
Veranstalterin Saskia Ludwig zeigt sich mit dem Abend zufrieden: „Wir haben heute einen neuen Gästerekord. Teilweise kamen die Menschen von weit her. Sie kamen, um die Vielfalt der persönlichen Erlebnisse und die Vielfalt der Meinungen zu hören. Auch das trägt zur Aufarbeitung bei. Mir gibt es Hoffnung, dass es offensichtlich nicht gelungen ist und in Zukunft nicht gelingen wird, die Gedanken aller Menschen zu steuern und zu kontrollieren. Die Veranstaltungsreihe werde ich fortsetzen.“